Deutsch-Französischer Journalistenpreis (DFJP) 2019 verliehen – Großer Deutsch-Französischer Medienpreis an Beate und Serge Klarsfeld – Journalismus als Schutzschild gegen antisemitische Tendenzen und Populismus – France Médias Monde, neues DFJP-Mitglied

Zum 36. Mal ist am Abend der Deutsch-Französische Journalistenpreis (DFJP) verliehen worden. Die Auszeichnung in den Kategorien Textbeitrag, Multimedia, Video, Audio und Nachwuchs erfolgte in diesem Jahr bei Radio France in Paris. Zudem erhielten Beate und Serge Klarsfeld den Großen Deutsch-Französischen Medienpreis für ihr Lebenswerk und ihr Engagement für ein demokratisch verfasstes Europa.

In den journalistischen Kategorien wurden ausgezeichnet:

  • Kategorie Audio: Caroline Gillet für „Foule continentale“, Radio France
  • Kategorie Video: Kirsten Esch für „Forschung und Verbrechen – Die Reichsuniversität Straßburg“; Südwestrundfunk/ARTE;
  • Kategorie Textbeitrag: Lena Kampf für „Die unendliche Geduld von Papier“,  Süddeutsche Zeitung Magazin;
  • Kategorie Multimedia: Studierende des CUEJ Strasbourg für „Champs de bataille“, http://cuej.info/mini-sites/agriculture;
  • Kategorie Nachwuchspreis (gestiftet vom Deutsch-Französischen Jugendwerk): Carolin Dylla für „Der Aachener Vertrag oder „Élysée 2.0“ – Upgrade für die deutsch-französische Zusammenarbeit?“, Saarländischer Rundfunk

 

Der Deutsch-Französische Journalistenpreis gehört zu den wichtigsten Medienpreisen Europas. Die prämierten Beiträge stellen nach Auffassung der Jury exzellente Beispiele für Qualitätsjournalismus dar und tragen so zu einem besseren Verständnis der gesellschaftlichen Zusammenhänge in Deutschland, Frankreich und ganz Europa bei.

Großer Deutsch-Französischer Medienpreis an Serge und Beate Klarsfeld für ihren persönlichen Einsatz gegen Antisemitismus – Intendant Professor Thomas Kleist plädiert für ein „Europäisches Gütesiegel für Qualitätsjournalismus“

Anlässlich der Verleihung des Großen Deutsch-Französischen Medienpreises des DFJP an Beate und Serge Klarsfeld für ihr außergewöhnliches Engagement für Gerechtigkeit und Menschenwürde sowie gegen Antisemitismus und Rassismus sagte der Intendant des Saarländischen Rundfunks, Professor Thomas Kleist, in seiner Begrüßungsrede:

„Hasskommentare, absurde Verschwörungstheorien, Judenhass und antisemitische Straftaten haben im vergangenen Jahr in Frankreich und in Deutschland dramatisch zugenommen. Deshalb ist die Arbeit des Ehepaars Klarsfeld wider das Vergessen auch und gerade in Zeiten des Internets von großer Bedeutung. Beide sind für uns Vorbilder.“

Weiter sagte Kleist: „Die Fülle an Informationen im Netz ist schier unüberschaubar geworden; es wird zunehmend schwieriger einzuordnen, welche Meldungen die Wirklichkeit objektiv abbilden und welche manipulativ bzw. manipuliert sind. Dies ist eine Bedrohung für unsere freiheitlichen Demokratien; da stellt sich die Frage wie wir uns davor besser schützen können. Verbote helfen da erfahrungsgemäß nur wenig. Vielversprechender ist im Internet  das Prinzip der freiwilligen Selbstverpflichtung. Deshalb sollte man ein „Europäisches Gütesiegel für Qualitätsjournalismus“ prüfen, das jedem Besucher einer Seite auf den ersten Blick zeigt, dass er den dort dargestellten Inhalten vertrauen kann. Die Medien, die das Siegel verwenden wollen, verständigen sich auf gemeinsame Qualitätskriterien wie gute Recherche, Quellentransparenz, das Recht auf Gegendarstellung. Ähnlich funktioniert übrigens sehr erfolgreich der deutsche Presserat. In den USA gibt es bereits eine entsprechende Initiative, das Trust Project.“

Nordrhein-westfälischer Ministerpräsident Armin Laschet als Ehrengast

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und Bevollmächtigte für die deutsch-französischen Kulturbeziehungen, Armin Laschet, war in diesem Jahr als Ehrengast auf der Preisverleihung. Dabei betonte er die Wichtigkeit der Meinungs- und Pressefreiheit.

„Beate und Serge Klarsfeld haben wachgerüttelt, als viele schweigen und vergessen wollten. Sie haben Finger in Wunden gelegt und verkörpern dadurch bis heute beispielhaft die Wächterfunktion von Journalismus. In Zeiten, in denen die Sorgen vor Populismus und Manipulation sowie vor Einschränkung der Pressefreiheit wachsen, erhält diese Rolle umso mehr Bedeutung. Wir Deutschen und Franzosen müssen gemeinsam daran erinnern, dass für eine funktionierende Demokratie die Meinungs- und Pressefreiheit zwingend ist.“

Beate Klarsfeld wurde vor gut 50 Jahren, im April 1968, durch eine Ohrfeige an den damaligen Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger wegen dessen Verstrickung in das NS-Regime auch international bekannt. Später sorgte sie mit ihrem Ehemann Serge Klarsfeld dafür, dass sich der frühere Gestapochef und sogenannte „Schlächter von Lyon“, Klaus Barbie, sowie weitere NS-Verbrecher vor Gericht verantworten mussten.

Beide bedankten sich für die Auszeichnung und zeigten sich entsetzt über die aktuellen Nachrichten und die dramatische Zunahme antisemitischer Straftaten sowie die Anfeindungen von Menschen mit jüdischer Herkunft in vielen Ländern Europas Ausdruck.

Der leidenschaftliche EU-Befürworter Serge Klarsfeld hob die Bedeutung des Kampfes gegen den Extremismus hervor: „Keine rechts- oder linksextreme Partei hat den Völkern, deren Schicksal sie in die Hände nahm, Glück gebracht. Niemals. Das führte nur zu Katastrophen.“ Beate und Serge Klarsfeld sehen sich selbst als „intelligente Menschen, nicht als Intellektuelle“ und ziehen es vor, konkret zu handeln. „Wir hatten keine politischen Ambitionen, aber wir haben uns wie deutsch-französische Bürger verhalten.“ Beate und Serge Klarsfeld freuten sich über diesen Preis, der einmal mehr die Anerkennung ihrer Arbeit durch Deutschland und Frankreich sowie die Würdigung der Journalisten beider Länder deutlich mache.

Die Intendantin von Radio France und zweite Gastgeberin der Zeremonie, Sibyle Veil, erinnerte in ihrer Begrüßungsrede ebenfalls an die Bedeutung von Zivilcourage und Engagement der europäischen Bürgerinnen und Bürger, wenn es um die Verteidigung der Brüderlichkeit, des Friedens und der demokratischen Werte gehe. Sie betonte die Rolle des Journalismus bei der Verankerung des Europas der Bürger: „Der Journalismus, den wir heute feiern, bringt Europa den Bürgerinnen und Bürgern näher und bestärkt unsere gemeinsame Kultur. Er kann den Europäern auch Lust darauf machen, sich zu engagieren, und ihnen erklären, wie sie das machen können. Möge das Engagement unserer Ehrengäste Beate und Serge Klarsfeld den jungen Generationen auf ihrer Suche nach Sinn und Fortschritt als Beispiel dienen!“

François Croquette, der französische Botschafter für Menschenrechte sowie Beauftragter für die internationale Dimension der Shoah, der Enteignungen und der Erinnerungspflicht, hielt eine Laudatio auf die Klarsfelds, bevor ihnen der große Medienpreis vom DFJP-Vorstand überreicht wurde. „Beate und Serge Klarsfeld verkörpern seit über 50 Jahren den Kampf für die Wahrheit, die Gerechtigkeit und das Erinnern. Mit der Verleihung des deutsch-französischen Journalistenpreises an sie wollen wir in einer Zeit, in der Antisemitismus und Holocaustleugnung in Deutschland und in Frankreich aber auch in ganz Europa wieder auftauchen, betonen, dass dieser Kampf leider immer noch aktuell ist und dass wir ihn entschlossener denn je führen werden.“

Der Große Deutsch-Französische Medienpreis wird alljährlich abwechselnd in Paris und Berlin an eine Persönlichkeit oder eine Organisation vergeben, die sich in besonderer Weise um die deutsch-französischen Beziehungen sowie den europäischen Dialog verdient gemacht haben. Zu den Preisträgern in der Vergangenheit gehören unter anderem Simone Veil, Volker Schlöndorff, Valéry Giscard d’Estaing, Helmut Schmidt, Alfred Grosser, Jean Asselborn, die Hilfsorganisation SOS-MÉDITERRANÉE sowie im vergangenen Jahr der Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas.

Mitgliedschaft France Médias Monde

Als neues Mitglied des Deutsch-Französischen Journalistenpreises e.V. begrüßte der Vorstandsvorsitzende, Prof. Thomas Kleist, den französischen Sender France Médias Monde (FMM). Das Unternehmen wurde im April 2008 gegründet und umfasst die drei Sender des

französischen Auslandsrundfunks: Radio France Internationale (RFI), Radio Monte Carlo Doualiya (MCD, in arabischer Sprache) sowie das Fernsehprogramm France 24.

Moderiert wurde die Preisverleihung im großen Saal von Radio France (Maison Ronde) von den beiden Journalisten Emmanuel Laurentin (Radio France) und Kerstin Gallmeyer (ARD/SR). Die Band Kimberose sorgte für die musikalische Untermalung. Zu Ehren der Preisträger begrüßte der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Frankreich, Nikolaus Meyer-Landrut, die Gäste der Preisverleihung im Palais Beauharnais.


Der Deutsch-Französische Journalistenpreis (DFJP) wurde 1983 zum 20. Jubiläum des Élysée-Vertrages zwischen Deutschland und Frankreich ins Leben gerufen. Er gehört heute zu den wichtigsten Medienpreisen in Europa; Mitglieder sind Deutschlandradio, Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF), France Télévisions, Europe 1, ARTE, Deutsche Welle (DW), Le Républicain Lorrain, Deutsches Städte-Network (DSN), Radio France, Saarbrücker Zeitung, Tageblatt, Google Deutschland GmbH, SaarLB, Gustav-Stresemann-Institut (GSI), Deutsch-Französisches Jugendwerk (DFJW), Deutsch-Französische Hochschule (DFH), Fondation Robert Schuman, die Stiftung Genshagen, France Médias Monde sowie der Saarländische Rundfunk (SR) als Federführer.


Quelle: Deutsch-Französischer Journalistenpreis (DFJP)


Pressemitteilung des Deutsch-Französischen Journalistenpreises im PDF-Format:

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