Stellungnahme der DFH zum Stellenwert des Deutschen im französischen Bildungssystem
Es erfüllt die Deutsch-französische Hochschule mit Sorge, dass die geplante Reform der Mittelstufe in Frankreich die Vielfalt des Sprachenangebots bedroht. Der Deutschunterricht ist dadurch direkt betroffen und dies trifft auch die DFH. Denn sie ist auf den Französischunterricht in Deutschland ebenso angewiesen wie auf den Deutschunterricht in Frankreich.
Mehr als 6000 junge Deutsche und junge Franzosen studierten im letzten Jahr in einem ihrer 166 Doppeldiplomstudiengänge, 5000 deutsche und französische Nachwuchswissenschaftler nahmen an Angeboten der DFH auf dem Gebiet der Forschung teil. Trotz der massiven Konkurrenz durch das Englische besteht Interesse an der Sprache und der Kultur des Nachbarlandes, aber es bedarf auch der steten Förderung dieser Bereitschaft, sich dem anderen Land zuzuwenden. Die Präsidentin der Deutsch-Französischen Hochschule begrüßt es deshalb, dass das Deutsche in Frankreich als wichtige Fremdsprache anerkannt wird, in der beruflichen Ausbildung einen größeren Stellenwert erhält und die Zahl der Deutschlehrer erhöht wird. Von französischer Regierungsseite aus wird versichert, dass ab dem nächsten Jahr auch Deutsch als erste Fremdsprache in französischen Grundschulen zu den Angeboten zählen soll. Hier würden die Kinder das Deutsche nicht als elitär erleben, sondern alle könnten gemeinsam die Sprache spielerisch erlernen. Umso wichtiger wäre es auf dieser Grundlage, das Deutsche auch in den weiterführenden Schulen nachhaltig zu fördern. Deshalb ist es besorgniserregend, dass die geplante Reform der Sekundarstufe 1 den Deutschunterricht in den beliebten bilingualen- und Europaklassen in fast allen Regionen Frankreichs in Frage stellt. Viele Perspektiven eröffnen sich allen Schülern und Schülerinnen mit guten Deutsch- bzw. Französischkenntnissen. Das Deutsch-Französische Jugendwerk unterstützt den regen Austausch für alle Jugendlichen, das Deutsch-Französische Sekretariat hilft bei der Vermittlung von Lehrstellen im Nachbarland und die Deutsch-Französische Hochschule garantiert eine binationale Hochschulausbildung, die ihre Absolventen erfolgreich auf den europäischen Arbeitsmarkt vorbereitet. 70% ihrer Absolventen finden innerhalb von 3 Monaten eine Stelle. Dies ist ein gutes Argument für ein frühes und nachhaltiges Erlernen der Sprache des Nachbarn, der unser wichtigster Handelspartner ist.
Seit 1963 verfolgen unsere beiden durch dunkle Zeiten gegangenen Länder ein ambitioniertes Ziel. Sie streben eine einzigartige und tiefgreifende Kooperation an, um nationale Antagonismen zu überwinden und eine gemeinsame europäische Zukunft zu gestalten. Dies kann nur auf der Basis einer vertieften Bereitschaft zum Verstehen geschehen, deren Voraussetzung das Beherrschen der Sprache des Nachbarn ist. Damit sich die freundschaftliche Verbindung zwischen Frankreich und Deutschland von Generation zu Generation immer wieder erneuert, ist eine Sprachkompetenz in der jeweils anderen Sprache unabdingbar. Hier reichen weder die Vor- oder Ersatzmünder von Übersetzern und Dolmetschern noch das Englische als bequemer Passepartout. Die intensive Diskussion, die in Deutschland und in Frankreich als Resonanz auf die geplante Reform entstanden ist, zeigt, dass die Öffentlichkeit beider Länder dem Erlernen der Sprache des Nachbarlandes einen großen Stellenwert einräumt. Die DFH sieht darin für ihr Engagement im deutsch-französischen Studienaustausch ein ermutigendes Zeichen.