Ein Praktikum im Ausland – ein interkultureller Mehrwert?

Ein Praktikum im Ausland kann zunächst abschrecken. Eine Fremdsprache, andere bürokratische Abläufe, eine neue Arbeitskultur… all das wirkt vielleicht einschüchternd. Doch wie läuft es in der Praxis wirklich ab? Und was nehmen Studierende aus dieser Erfahrung mit? Zwei ehemalige Studentinnen der Deutsch-Französischen Hochschule berichten.
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Sarah Heier ist deutsche Studentin und Co-Vorsitzende der Studierendenvertretung der DFH. Nach ihrem binationalen Bachelorstudium in den Geistes- und Kulturwissenschaften mit Option Lehrerbildung zwischen Mainz und Dijon entschied sie sich für den Master International Management Franco-Allemand zwischen der Hochschule Mainz und der Université de Lorraine in Metz. Im Rahmen ihres Studiums absolvierte Sarah zwei Auslandspraktika: zunächst bei der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer in Paris, anschließend bei Beiersdorf in Brüssel. |
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Maëlle Fichot ist Französin und Absolventin der DFH. Im Rahmen ihres Masters Internationale Kommunikation und Kooperation absolvierte sie ein Praktikum im Gipfelsekretariat der Großregion in Luxemburg. |
Wie haben Sie konkret nach einem Praktikum gesucht?
- Sarah:
Was mein erstes Praktikum betrifft, so wusste ich, dass eine Studentin aus der Kohorte vor mir bei der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer gearbeitet hatte. Also schaute ich auf deren Website, fand eine passende Ausschreibung und wurde nach einem recht anspruchsvollen Vorstellungsgespräch angenommen. Die Suche dauerte nur etwa einen Monat, verlief also recht zügig. Für mein zweites Praktikum war es deutlich schwieriger: Ich wollte ins Ausland gehen, aber auch im Finanzbereich arbeiten – das schränkte die Suche stark ein und erschwerte sie. Ich bewarb mich in mehreren Ländern und verschickte zahlreiche Bewerbungen. Erst nach ein paar Monaten fand ich schließlich über LinkedIn ein Praktikum in Brüssel. Das Vorstellungsgespräch fand auf Englisch statt, und ich konnte anschließend in einem wirklich mehrsprachigen Umfeld arbeiten.
- Maëlle:
Die Praktikumssuche war sehr einfach, denn es handelte sich um ein Pflichtpraktikum im Ausland im Rahmen meines Studiums. Ich wurde darauf aufmerksam, als eine Referentin des Gipfelsekretariats der Großregion ihre Einrichtung und deren Aktivitäten in einem Seminar an der Université de Lorraine vorstellte. Durch die Präsentation konnte ich mir ein besseres Bild von den Aufgaben und der Bedeutung dieser grenzüberschreitenden Einrichtung machen, und die beschriebenen Aufgaben haben mir sofort gut gefallen. Ich habe dann meine Bewerbung eingereicht, wurde zu einem Gespräch eingeladen und kurze Zeit später für das Praktikum ausgewählt.
Welche Aufgaben hatten Sie während des Praktikums?

- Sarah:
Während meines ersten Praktikums war ich im Projektmanagement tätig. Ich habe große Veranstaltungen mitorganisiert – etwa das French-German Tech Lab auf der VivaTech, die Startup Night oder den Deutsch-Französischen Wirtschaftstag. Außerdem hatte ich die Aufgabe, Investoren einzuladen, sicherzustellen, dass Start-ups am Ball bleiben, und mit politischen Entscheidungsträger*innen zu kommunizieren.Vieles drehte sich also um eine gute Kommunikation und die Fähigkeit, auf verschiedenen Ebenen zu kommunizieren. Das war eine großartige Erfahrung, durch die ich auch mein Netzwerk ausbauen konnte.Während meines zweiten Praktikums habe ich als Commercial Controller in einer Finanzabteilung gearbeitet. Ich habe Margen berechnet, die Rentabilität von Produkten analysiert und monatliche Ergebnisse verglichen. Außerdem habe ich ein Digitalisierungsprojekt initiiert, auf das ich später meine Masterarbeit zur Automatisierung von Monatsberichten mithilfe von Excel und PowerPoint bis hin zu Power BI aufgebaut habe.
- Maëlle:
Ich habe an internen Sitzungen und Arbeitstreffen mit Partnern teilgenommen und viel die digitale Kommunikation auf unseren Kanälen betreut – sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch. Ich konnte auch eigene Ideen einbringen und habe zum Beispiel im Rahmen meines Praktikums ein Projekt für die Jugend-Arbeitsgruppe des Sekretariats initiiert.
Wie verlief die Eingewöhnung in das zweisprachige Arbeitsumfeld? Gab es sprachliche oder kulturelle Herausforderungen?
- Sarah:
Ich hatte bereits gute Französischkenntnisse, da ich im Rahmen meines deutsch-französischen Bachelors mehrere Jahre in Frankreich studiert und dort schon zwei Praktika absolviert hatte. Das Umfeld war mir also vertraut. Was die kulturellen Unterschiede angeht, ist mir aufgefallen, dass Franzosen ihre Arbeitstage etwas später beginnen als Deutsche und die Mittagspause länger dauert – sie wird aber genutzt, um den Kopf freizubekommen. In Frankreich ist das Mittagessen nicht nur zum Essen da, sondern auch eine hervorragende Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen, sein Netzwerk zu pflegen und berufliche Beziehungen in angenehmer Atmosphäre zu vertiefen. Außerdem habe ich festgestellt, dass der Umgang mit Deadlines in Frankreich etwas flexibler ist als in Deutschland – zumindest war das während meines Praktikums so.

- Maëlle:
In einer Fremdsprache zu arbeiten, war sehr spannend. Da ich bereits im Rahmen eines anderen DFH-Studiengangs in Deutschland studiert und ein Praktikum absolviert hatte, fiel mir die Eingewöhnung sehr leicht. Rückblickend hat mir diese Erfahrung sehr geholfen, meine Deutschkenntnisse sehr zu verbessern, insbesondere in Bezug auf Aspekte wie Zeichensetzung und Grammatik. Früher hatte ich Probleme damit, heute läuft es ganz automatisch. Interkulturell betrachtet fand ich die Arbeitsweise in Bezug auf Arbeitszeiten und Organisation recht flexibel: Ich konnte mir meine Arbeit frei einteilen, solange die Arbeit gut gemacht wurde. Natürlich gab es die deutsche Gründlichkeit und den hohen Qualitätsanspruch, aber ohne die starre Hierarchie, wie man sie manchmal in Frankreich findet. Alles basierte auf Vertrauen, und selbst als Praktikantin war ich immer ein vollwertiges Teammitglied.
Haben die Praktika Ihre Kompetenzen gestärkt und Ihnen den Berufseinstieg erleichtert?
- Sarah:
Die beiden Praktika haben mir zwei sehr unterschiedliche Welten eröffnet – eine öffentliche Institution und ein internationales Großunternehmen – und bei beiden habe ich wertvolle fachliche und persönliche Kompetenzen erworben. Durch mein erstes Praktikum in einem deutsch-französischen Umfeld konnte ich mein Französisch verbessern und mir ein berufliches Netzwerk aufbauen, das mir bis heute zugutekommt. Und bei Beiersdorf habe ich eine großartige Unternehmenskultur mit einer herzlichen Atmosphäre und klaren Kommunikation kennengelernt – genau das Umfeld, das ich mir für meine Zukunft wünsche.
- Maëlle:
Ja, dieses Praktikum hat meine Anpassungsfähigkeit und meine interkulturellen und sprachlichen Kommunikationsfähigkeiten enorm gestärkt. Ich habe auch viel über die verschiedenen politischen Systeme gelernt. Für meinen Berufsweg war dieses Praktikum ein entscheidender Faktor: Meine Betreuerin hat sich anschließend wieder bei mir gemeldet, und ich habe eineinhalb Jahre lang in dieser Einrichtung gearbeitet. So konnte ich meine Erfahrungen in einem absolut professionellen Umfeld ausbauen und wichtige Kompetenzen für meine weitere Laufbahn erwerben.
Hat das Praktikum in Ihnen den Wunsch geweckt, weiter im Ausland zu arbeiten?
- Sarah:
Französisch ist meine große Leidenschaft, und ich weiß, dass ich eines Tages nach Frankreich oder in ein frankofones Land zurückkehren werde. Ob ich dauerhaft dort arbeiten würde, weiß ich noch nicht, aber ich könnte mir auch gut vorstellen, in Deutschland zu bleiben, in einem Job in einem deutsch-französischen Umfeld oder mit Dienstreisen nach Frankreich.

- Maëlle:
Ja, das Praktikum hat in mir den Wunsch geweckt, weiterhin im Ausland zu arbeiten. Es war für mich eine großartige Erfahrung, zu erleben, dass ich mich in einem interkulturellen und zweisprachigen Umfeld gut zurechtfinde. Heute arbeite ich in Frankreich in einer Gemeinde, die Beziehungen zu Deutschland pflegt, aber ich vermisse das multikulturelle Umfeld. Das Praktikum hat mir gezeigt, wie sehr mir das gefällt und wie bereichernd es ist – menschlich, kulturell wie auch beruflich.
Abschließend: Welchen Rat hätten Sie für zukünftige Studierende, die einen Studiengang an der DFH absolvieren möchten, aber vor einem Praktikum im Ausland zurückschrecken?

- Sarah:
Ich würde sagen: Einfach machen! Es ist wie mit den Sprachen, man muss einfach anfangen zu sprechen, es einfach versuchen. Ein Praktikum im Ausland bringt unglaublich viel. Sich in zwei Berufskulturen bewegen zu können, befähigt dich auch, besser mit schwierigen Situationen mit Kolleg*innen umzugehen, da man lernt, dass jeder anders arbeitet und denkt. Natürlich kann man das auch in der eigenen Kultur beobachten, aber es wird noch deutlicher, wenn man zwischen zwei Kulturen hin und her switcht. Außerdem kann das nicht nur im Berufsleben, sondern auch im Privatleben und allgemein zwischenmenschlich nützlich sein. Ein Praktikum oder Studium im Ausland macht einen unweigerlich offener und toleranter.
- Maëlle:
Ich kann nur allen, die einen Studiengang an der DFH beginnen möchten, raten, sich zu trauen und diese großartige Gelegenheit zu nutzen. Ich habe mein gesamtes Studium unter dem Dach der DFH absolviert und bereue es kein bisschen, denn es hat mich sehr weitergebracht. Natürlich kann der Gedanke an ein Auslandspraktikum Angst machen, aber während des Studiums erwirbt man durch den täglichen Austausch mit den Kommiliton*innen, die eine andere Sprache sprechen und aus einer anderen Kultur kommen, die notwendigen Kompetenzen. Als ich mein Praktikum angetreten bin, fühlte ich mich deshalb bestens vorbereitet – das wäre zu Beginn meines Studiums sicher anders gewesen.
Wenn auch Sie wie Sarah und Maëlle Lust haben, sich auf das Abenteuer eines deutsch-französischen Studiengangs einzulassen, werfen Sie einen Blick in unseren Studienführer. Dort finden Sie alle notwendigen Informationen, um den für Sie passenden Studiengang zu finden.

